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Buchtipps - Romane

Ein Sommertag in Dublin: Büroarbeiter Cathal nimmt den Bus nach Hause - und denkt an die Frau, die er zu lieben glaubt und die er doch nicht wirklich versteht, die er heiraten wollte und die doch nicht bei ihm bleiben konnte. Die geniale Claire Keegan nimmt uns mit den Kopf dieses Mannes, der alles richtig machen wollte und doch seiner Liebsten das Leben zur Hölle machte - ein kleines, feines Buch über erlernte Misogynie und das Scheitern einer Beziehung. Brillant!

Eine junge Frau hat es geschafft: Aufgewachsen ist sie in einem sozialen Brennpunktviertel in der Provinz, hat studiert und arbeitet  jetzt in einem coolen Start-up-Unternehmen in der angesagten Metropole. Ganz so rosig läuft es dann aber doch nicht für sie, denn schlechte Erinnerungen aus ihrer Kinder- und Jugendeit tauchen unvermittelt auf und auch ihr Berufsleben gestaltet sich äußerst schwierig. Die holländsche Autorin hat ein aberwitziges und surreales Debut geschrieben, das scharf mit der modernen Arbeitswelt und gesellschaftlichen Konflikten abrechnet.

Jimmy ist ein cleveres und einsames Schulkind. Tristan ist mit seiner Familie aus dem Kosovo geflohen. Die beiden werden Klassenkameraden, freunden sich an und profitieren von der neuen Situation, denn Jimmy ist nicht mehr so allein und Tristan bekommt automatisch Nachhilfeunterricht. Doch dann droht die Abschiebung. Ein aktueller und kraftvoller Roman, literarisch und höchst spannend geschrieben von der belgischen Autorin Lize Spit  und von der preisgekrönten Übersetzerin Helga von Bereunigen aus dem  Niederländischen übersetzt.

Ana Magdalena Bach, die ihren Namen zurecht trägt, pflegt ein besonderes Ritual: jedes Jahr im August verlässt sie für einen Tag und eine Nacht ihre Familie und setzt mit der Fähre über vom mexikanischen Festland auf eine karibische Insel. Dort legt sie auf dem Grab ihrer Mutter einen Strauß Gladiolen nieder und neuerdings gönnt sie sich anschließend jeweils einen neuen Liebhaber. Der letzte Roman des Literaturnobelpreisträgers, der zehn Jahre nach seinem Tod und gegen seinen Willen nun veröffentlicht wurde, ist eine geniale Liebesgeschichte, wie sie nur Gabo schreiben konnte.

Helene ist eine erfolgreiche, schöne und vemögende Frau. Allerdings wird sie mit fast fünfzig Jahren von ihrem Ehemann verlassen, die Familie zerbricht. Detailliert lässt sie die Stationen ihr bisheriges Leben passieren: das wenig zugewandte Elternhaus ihrer Kindheit, eine große und unerfüllte Liebe zu Studienzeiten, die nun ebenfalls gescheiterte Ehe. Die preigekrönte Jugendbuch- und Krimiautorin stellt hier ihren ersten Unterhaltungsroman vor.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kehrt Johnnie zurück in die Heimat nach Lennox, einer spießbürgerlichen Kleinstadt in Conneticut. Einiges hat sich hier verändert, doch die zutiefst bösartigen, habsüchtigen und intoleranten Bewohner:innen, die so trefflich menschliche Abgründe aufzeigen, existieren immer noch. Eine spannende Geschichte, geniale Charakter- und Milieustudie, aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Pieke Biermann.

Eine Kindheit in Herdecke, in einer Großfamilie mit tollen Charakteren: das pralle Leben im Ruhrpott, virtuos erzählt von Jörg Hartmann. Seine ersten Vorsprechen an der Schauspielschule, die Handballleidenschaft des Vaters, dessen spätere Demenz, die gehörlosen Großeltern und ganz viel Heimat verwebt der Schaupieler ("Faber" aus dem Dortmunder Tatort!) zu einem geschichtenprallen Gesamtkunstwerk.

Ein Albtraum sorgt dafür, dass sich die Leben von Katrin und Hans trennen: Bei der Geburt in einer Leipziger Klinik stirbt der gemeinsame Sohn, so wird es ihnen von den Ärzten gesagt. Katrin glaubt ihr Leben lang daran, dass ihr Kind lebt. Jahre nach ihrem Tod passiert das Unfassbare: Hans bekommt einen Anruf - von seinem Sohn. Die holprige Annäherung der beiden Männer und ihre Reflektion auf das Leben ohneeinander erzählt dieses Buch einfühlsam und geradlinig. Eine echte Leseempfehlung - mit leider wahren Hintergründen.

Vier unterschiedliche Menschen nehmen an einer Medikamentenstudie gegen Herzmuskelschwäche teil. Als Nebenwirkung stellt sich heraus: Die Probanden werden immer jünger, eine alternde Olympiasiegerin schwimmt plötzlich Rekordzeiten, eine Frau in eher aussichtsloser Kinderwunschbehandlung wird schwanger. Das macht etwas mit den Menschen, aber auch mit der Gesellschaft. Ein spannendes Gedankenexperiment, mitreißend erzählt.

Maria ist - wegen eines Notfalls - aus der Stadt zurück auf dem Hof der Eltern. Während die Familie auf Nachricht vom verunglückten Vater wartet, ruft die alte Mühle mit Hopfenanbau und Schweinezucht überall Erinnerungen an die Kindheit in der Landwirtschaft wach. Präzise und einfühlsam erzählt Bogdahn vom Großwerden zwischen Schweinestall und Kinderzimmer und den stillen Konflikten einer Familie.