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Drache und Federschlange

Europas Griff nach Amerika und China 1519/20

Erschienen am 25.05.2014, 1. Auflage 2014
34,90 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593500805
Sprache: Deutsch
Umfang: 347 S., 2 sw-Karten
Format (T/L/B): 2.6 x 21.9 x 15.1 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

16. August 1519: Hernán Cortés, begleitet von wenigen Hundert Soldaten, beginnt seinen Marsch nach Tenochtitlan, der Hauptstadt der Azteken. In der Folge gelingt es ihm in kürzester Zeit, das Reich Moctezumas zu erobern - dieses welthistorische Ereignis begründet die spanische Kolonialherrschaft in Amerika. 23. Januar 1520: Eine portugiesische Expedition, geleitet von Tomé Pires, bricht nach Nanking auf, um dort den chinesischen Kaiser Zhengde zu treffen. Ziel dieser Delegation ist es, das 'Reich der Mitte' unter Kontrolle zu bringen - das akribisch vorbereitete Unternehmen scheitert jedoch kläglich und gerät rasch in Vergessenheit. Serge Gruzinskis anregendes Buch schildert diese beiden Episoden der beginnenden europäischen Expansion, die zwar fast zeitgleich, jedoch höchst unterschiedlich erfolgreich verliefen. Einsetzend mit der Vorgeschichte beider Unternehmungen, zeigt er, warum sich die Europäer gegen den 'Gelben Drachen' nicht durchsetzen konnten, das Reich der aztekischen 'Federschlange' jedoch im Chaos der Ereignisse unterging.

Autorenportrait

Serge Gruzinski lehrt Geschichte an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris sowie in Princeton. Der französische Historiker ist Experte für die Geschichte Lateinamerikas und die europäische Kolonialgeschichte. Serge Gruzinski hat 2015 den "Grand Prix International d'Histoire" gewonnen.

Leseprobe

Westwärts schweift der Blick Richard Wagner, Tristan und Isolde, I, 1 Für Agnès Fontaine Einleitung Andromache: Der trojanische Krieg findet nicht statt, Kassandra! Jean Giraudoux, Kein Krieg in Troja, I,1 Die Wege, die uns von Mexiko nach China - und zu diesem Buch - geführt haben, wurden von literarischen Werken gekreuzt, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verfasst worden sind. Lange haben wir erwogen, uns für dieses Buch von Jean Giraudoux zu dem Titel 'Kein Krieg in China' inspirieren zu lassen, doch dann darauf verzichtet. Besser verstehen wir heute vielleicht die Welten, die Paul Claudel wieder zum Leben erweckt hat. In den vier Tagen seines Schauspiels Le Soulier de satin (1929, 'Der seidene Schuh') sprechen Personen miteinander, die aus allen vier Himmelsrichtungen zusammengekommen sind. 'Der Schauplatz dieser Handlung ist die Welt, und genauer das Spanien des ausgehenden sechzehnten Jahrhunderts'. Mit seiner 'Verdichtung von Ländern und Zeitaltern' wollte Claudel keine Geschichtsschreibung vorlegen, sondern er versetzt uns in die Turbulenzen einer Globalisierung, die weder die erste noch die letzte war. Diese Globalisierung breitete sich im 16. Jahrhundert im Gefolge der portugiesischen und spanischen Expeditionen ziemlich rasch aus. Der aztekische Adler und der chinesische Drache waren die Ersten, die unter dem maßlosen Machthunger der Europäer zu leiden hatten. Die Globalisierung unterscheidet sich vom europäischen Expansionismus. Für Letzteren wurden technische, finanzielle und geistige Ressourcen eingesetzt und vor allem Menschen mobilisiert. Politische Ziele, wirtschaftliche Erwägungen und religiöse Bestrebungen spielten mehr oder weniger glücklich zusammen, um Seeleute, Soldaten, Geistliche und Händler tausende Kilometer fern der Iberischen Halbinsel um den ganzen Erdball zu schicken. Die portugiesische und spanische Expansion hat Kettenreaktionen ausgelöst und Schockwellen, die ganze Kulturen zum Einsturz gebracht haben. So geschah es jedenfalls in Amerika. In Asien stieß sie auf einen Widerstand, dem sie nicht gewachsen war, in Afrika verlief sie sich in den Wäldern und Sümpfen des schwarzen Kontinents. Die Vorstellung eines unvermeidlichen Vormarsches der Europäer - ob man sie für eine zivilisatorische Heldentat hält oder sie verdammt - ist eine Täuschung, von der nur schwer loszukommen ist. Mit ihr ist eine lineare und teleologische Konzeption der Geschichte verbunden, die gleichermaßen die Feder des Geschichtsschreibers und das Auge seines Lesers lenkt. Was schon im Hinblick auf die Expansion der Portugiesen und Spanier falsch ist, ist es in noch größerem Maß beim Phänomen der Globalisierung, die man als die Vervielfältigung der Beziehungen der Kontinente untereinander bezeichnen könnte, die vorher nicht einmal voneinander wussten oder die sich nur von ferne kannten. Die Globalisierung des 16. Jahrhunderts umfasst Europa, Afrika, Asien und die Neue Welt, und der Austausch zwischen diesen Kontinenten erreicht ein bis dahin unbekannten Ausmaß. Ein Netz mit großen Lücken, das außerdem mit jedem Schiffbruch wieder zerreißen kann, umspannt ungeachtet aller politischen und kulturellen Grenzen nach und nach den ganzen Erdball. Wer sind die Träger der Globalisierung? Völker Afrikas, Asiens und des indianischen Amerika nehmen nolens volens daran teil. Aber die Energie zur Mission, zum Handel und zur imperialistischen Expansion kommt - wenigstens am Anfang und für gut anderthalb Jahrhunderte von den Portugiesen, Spaniern und Italienern. Der chinesische Diener im Seidenen Schuh entgegnet Don Rodrigue, dem Vizekönig von Indien: 'So hat jeder den andern gepackt und wir sitzen gemeinsam in der Klemme.' Was nehmen die Zeitgenossen davon wahr? Ihr Blick geht oft tiefer als der der nachfolgenden Historiker. Menschen des 16. Jahrhunderts, und zwar nicht nur Europäer, erfassen das Ausmaß der Veränderung, die vor ihren Augen geschieht und sie sehen darin im religiösen Sin

Schlagzeile

Wie China Europa die Grenzen aufzeigte

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