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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783821809205
Sprache: Deutsch
Umfang: 352 S.
Format (T/L/B): 3.2 x 22 x 13.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Fünf Jungs über vierzig gründen eine Rockband. Und auf einmal hat ihre Freundschaft nicht nur eine gemeinsame Vergangenheit, sondern auch eine Zukunft. Sex & Drugs & Rock n Roll! Das war seit der Schulzeit der Traum von Konni, Thomas, Rainer und Bulle. Nun sind die vier in den besten Jahren. Außer ihren Doppelkopfabenden haben sie kaum noch etwas gemeinsam. Jeder hat sich auf seine Weise mit dem bürgerlichen Dasein abgefunden. Schicksalsschläge wie Scheidungen oder der Tod einer Partnerin haben sie ebenso hingenommen wie das tägliche Einerlei ihrer Affären und ihrer Jobs. Aber das kann es doch nicht gewesen sein! Wie wäre es, wenn sie ihren alten Freund Ole aus seinem Berliner Exil zurück nach Bochum holen und mit ihm den alten Jugendtraum wiederbeleben: Als Rockband auf der Bühne zu stehen und die alten Seventies-Klassiker zu röhren. Und die fünf in die Jahre gekommenen Jungs wissen dann auch ganz genau, wo die größte Party steigen muss: auf dem Abi-Treffen, fünfundzwanzig Jahre danach. Ein Roman voller Musik und guter Laune, einigen traurigen Wahrheiten und dem charmanten Beweis, dass Tony Parsons doch recht hat: Musik ist nicht dazu da, die Welt zu retten, Musik ist dazu da, dir das Leben zu retten.

Autorenportrait

Frank Goosen, Jahrgang 1966, tingelt seit anderthalb Jahrzehnten als Kabarettist über die Kleinkunstbühnen der Republik, aktuell mit "A40 – Geschichten von hier". Mit seinen Bestsellern "Liegen lernen" und "Pokorny lacht" hat er sich auch als Romanautor einen Namen gemacht und 2003 für sein bisheriges Werk den Literaturpreis Ruhrgebiet erhalten.

Leseprobe

Im Sommer 1982 waren sie davon überzeugt, dass sie niemals sterben würden. Fünfundzwanzig Jahre später würde einer der vier verlassen auf einer Baustelle sitzen und der vermeintlichen Liebe seines Lebens nachtrauern, der Zweite würde Vater von Zwillingen sein, aber keine Frau mehr haben, der Dritte in alten Unterhosen auf einem Bett in einem billigen Loch sechshundert Kilometer weiter östlich liegen, und der Vierte könnte nachts nicht mehr schlafen. Außerdem würden sie zu fünft sein, denn fünf war die magische Zahl, um die Welt aus den Angeln zu heben und das eigene Leben zu retten, aber das konnten sie damals noch nicht wissen. 1982 waren sie zu viert, und die Sonne stand tief. Es war eine staubige, dunstige Sonne, die jenseits der zwei Kirchtürme am anderen Ende der Stadt unterging. Sie saßen auf dem Bürgersteig und ließen die Flasche kreisen. Konni wischte die Öffnung mit dem Ärmel ab und nippte nur, Rainer hatte die Augen geschlossen, Bulle trommelte einen vertrackten Rhythmus auf seinen Oberschenkeln, und Ole drehte sich unendlich langsam eine Zigarette. Sie hatten sich hier zum »Vorglühen« getroffen, um nicht nüchtern auf ihrer Abiturfeier zu erscheinen. Die Brücke über die Eisenbahnschienen am Lohring lag nicht gerade auf dem Weg zur Schule, wo in der Pausenhalle bereits der Großteil der Stufe versammelt war, aber Konni wohnte hier in der Nähe, und sie waren noch nicht in der Stimmung, sich ins Getümmel zu stürzen. Rotwein als Grundlage, später würde Bier dazukommen, auch härtere Sachen. Noch vor Mitternacht würden sie betrunken sein. Außer vielleicht Konni, der sich meist etwas zurückhielt. Außerdem interessierte er sich für Michaela Borgfeld und wollte eine gute Figur machen. Die Party heute war die letzte Gelegenheit. »Sag mal«, meinte Rainer zu Ole, »willst du das Ding irgendwann mal rauchen oder im Museum ausstellen?« »Eine Zigarette ist wie ein guter Freund«, erwiderte Ole, »man sollte sich füreinander Zeit nehmen.« »Ich möchte nicht zwischen deinen dürren Fingern stundenlang hin und her gedreht werden«, sagte Bulle. »Ich kann nicht mehr sitzen«, sagte Konni, erhob sich und stampfte mit dem rechten Fuß auf. »Mein Bein ist eingeschlafen.« Er ging ein paarmal auf und ab, blieb dann vor dem Metallzaun stehen, der potentielle Selbstmörder davon abhalten sollte, sich ausgerechnet hier auf die Gleise zu werfen, und schaute in Richtung Stadt. »Findet ihr das eigentlich schön?«, fragte er, ohne sich zu den anderen umzudrehen. Bulle stand auf und stellte sich neben ihn. »Schön ist nicht das richtige Wort.« Rainer kam dazu und sagte: »Wenn man sich dran gewöhnt hat, kann man fast alles schön finden.« Ole blieb sitzen und schwieg, zündete sich aber endlich seine kunstvoll gedrehte Zigarette an. Nach ein paar Minuten der Stille sagte Konni: »Ist das nicht der Moment, in dem wir uns feierlich ewige Freundschaft schwören müssen? In dem wir uns gegenseitig sagen, dass wir uns in fünfundzwanzig Jahren hier wiedertreffen wollen, um zu sehen, was aus uns geworden ist?« Fünfundzwanzig Jahre – das war mehr als die Ewigkeit. Sie hatten gerade mal neunzehn Jahre hinter sich, und an die ersten konnten sie sich nicht mehr erinnern. Die Zukunft war der heutige Abend und der anschließende Sommer. Ole und Bulle würden ihren Zivildienst antreten, Konni und Rainer hatten sich für den Bund entschieden. »Lasst uns gehen«, sagte Ole und stand auf. Bulle, Rainer und Konni rissen sich von dem Anblick ihrer Heimatstadt los und folgten ihm zum Wagen. Ole hatte sich für den heutigen Abend den Ford Granada seines Onkels ausgeliehen. Rainer und Konni saßen hinten, Bulle auf dem Beifahrersitz. Ole schob die Kassette in den Recorder und Applaus brandete auf. Dann die ersten Töne dieses wunderbaren Orgelmotivs. Allen vieren jagte es einen Schauer über den Rücken. Child in time von der nicht zu überbietenden Made in Japan. Es waren immer die Live-Platten, die einen umhauten. Dieses Gefühl, dabei zu sein, wirklich das zu kriegen, was man hörte. Und diese unglaubliche Kraft. Wieso sahen Väter und Mütter nicht ein, dass man das nicht leise spielen konnte? Ole fuhr auf dem Ring noch zwei- oder dreimal um die ganze Innenstadt herum, bis die zwölf Minuten, die das Stück dauerte, um waren. Dann bog er in die Straße zur Schule ein. In acht Ohren klingelte jene Stille, die man nur genießen kann, wenn man die Nummer zuvor besonders laut gehört hat. Neun Jahre, Morgen für Morgen. Das war jetzt vorbei. Sie parkten hinten, an der Turnhalle. Es wurde bereits getanzt, wenn auch verhalten. Peter Oehlke war für die Musik zuständig, und deshalb gab es Chartfutter, Dutzendware. Gerade lief Hurra, hurra, die Schule brennt. Ole, Bulle, Konni und Rainer sahen sich an: Kindergartenmusik. Wieso nicht gleich Andrea Jürgens? Musik mit deutschen Texten – das ging gar nicht. Aber sie hatten Punk überstanden, sie hatten Disco überlebt – sie würden auch die Neue deutsche Welle überleben. Sie waren schon jetzt unmodern, und sie wussten es.

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