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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783570304716
Sprache: Deutsch
Umfang: 240 S.
Format (T/L/B): 2.2 x 18.3 x 12.5 cm
Lesealter: 12-99 J.
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Ein Mädchen sieht rot. Porträt einer Jugendlichen, deren Aggression mehr und mehr eskaliert. Mara trägt etwas in sich, das sie manchmal nur schwer beherrschen kann: roten, wilden, alles überwältigenden Zorn. Zorn auf die Mutter, die zu Hause in Depressionen versinkt, auf den Vater, der sich im Job drangsalieren lässt, auf die gemeinen Unterstellungen ihrer Mitschüler, auf die Grenzen, an die sie stößt. Einziger Lichtblick ist Tibor, der einfühlsame Typ aus der Neunten. Als sie Tibor mit einem anderen Mädchen sieht, knallen bei Mara sämtliche Sicherungen durch . Erfolgsautorin Brigitte Blobel erzählt intensiv, authentisch und mitreißend Sensibles.

Leseprobe

In der Nacht hatte sie von Blut geträumt, wahrscheinlich weil sie auf einmal Bauchkrämpfe bekommen hatte, aber zu müde war, um davon aufzuwachen. Doch morgens war dann alles in Ordnung gewesen, die Bauchkrämpfe verschwunden. Und so hatte sie die Schachtel mit den Tampons im Schrank gelassen und war einigermaßen gut gelaunt, in hellen Jeans und ihrem schwarzen Totenkopf-T-Shirt, in der Schule erschienen. Ausnahmsweise sogar zur ersten Stunde. Und zwar weil sie ihrer Klassenlehrerin, Susanne Schümann, die Deutsch und Sachkunde unterrichtete, auch mal ein Erfolgserlebnis verschaffen wollte. Frau Schümann freute sich, wenn die Klasse einmal vollständig war, denn fast täglich blieben ein paar Bänke leer. Manchmal erschien ein halbes Dutzend Schüler ihrer Klasse morgens nicht zum Unterricht. Manchmal mehr. Es gab eine Menge Gründe fürs Schwänzen, aber darüber sprach niemand. Weder die Schüler untereinander, noch die Lehrer, noch die Eltern. Desinteresse war kein Thema - wie Frust kein Thema war, wie Gewalt kein Thema war und auch nicht die Angst, die sich unter den Schülern breitmachte, seitdem sich an der Schule ein paar Banden und Schlägertrupps zusammengefunden hatten. Die Banden. Mara kannte sie alle. Sie kannte auch die Mädchengang, die jetzt mitmischte und die versuchte, kleine Schüler abzuzocken wie die Typen, die das seit langem taten. Nur brutaler. Aber sie sagte nichts zu denen. Sie machte ihr eigenes Ding, ging ihren eigenen Weg. In der Öffentlichkeit besaß die Tucholsky-Schule immer noch einen guten Ruf. Um den hatten sie offenbar alle Angst: die Stadtväter, die Lehrer, die Eltern, die Anwohner in der Umgebung. Und deshalb herrschte Schweigen in vielem, was die Schule betraf. Den meisten Eltern, deren Kinder in die "Tucholsky" gingen, war wichtig zu wissen, wie es dort lief. Aber es gab auch solche, die sich von vornherein nicht für Schule interessierten, denen es egal war, was abging und ob ihre Kinder etwas lernten. Maras Eltern zum Beispiel. In der Gegend, in der sie lebte - Plattenbauten in einer Siedlung in der Südstadt -, war Lernen ohnehin kein Thema. Weil hier auch Ausbildung kein Thema war, weil Beruf kein Thema war, von Karriere ganz zu schweigen. Wenn Mara in ihrer Straße mal jemanden fragte, jemanden in ihrem Alter, was er später mal machen wollte, schaute er erst mal argwöhnisch und sagte dann: "Was mal machen? Ich krieg später Hartz IV." So sah das aus. Susanne Schümann, die Lehrerin, war eine von denen, die davon zehrten, dass es früher, als sie selbst jung gewesen waren, Jobs für alle gegeben hatte, früher, als Schule irgendwie Spaß gemacht hatte. Manchmal war es amüsant. Wenn Mara ihre Lehrerin sah, wie sie engagiert Geschichten erzählte, Grammatik erklärte, die Welt auseinandernahm und wieder zusammensetzte, kam sie ihr vor wie jemand von einem anderen Stern. Jemand, der noch gar nicht begriffen hatte, was eigentlich vor sich ging. Wie die Wirklichkeit vieler Schüler aussah, aus der sie jeden Morgen kamen und in die sie jeden Mittag zurückgingen. Aber manchmal fragte Mara sich auch, ob Susanne Schümann nicht etwas von diesem "Früher" festhalten wollte, vielleicht weil sie hoffte, dass irgendetwas davon übrig blieb, weil es doch schöner gewesen war, damals, irgendwie. Mara war also pünktlich erschienen. Aber dann hatten sie in den ersten beiden Stunden eine Vertretung, weil Susanne Schümann krank gemeldet war. Da hätte ich auch länger schlafen können, dachte Mara erbittert. Sie schlief ohnehin viel zu wenig. In ihrem riesigen Wohnblock war es immer laut. Die Wände, die Decken, alles aus dünnem Beton, wenn einer aufs Klo ging, hörte man es zwei Stockwerke tiefer. Manchmal kam nachts die Polizei. Oder dieses Baby nebenan schrie. Dann stand sie wieder auf und stellte den Fernseher an. Sie schaffte es dann nie, ihn auszuschalten, bevor der Film zu Ende war; auch wenn die Story sie eigentlich kein Stück interessierte, musste sie wissen, wie sie schließlich ausging. Wer dran glauben musste und wer

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