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Die Geschichte von General Dann und Maras Tochter, von Griot und dem Schneehund

Roman, btb-TB

Erschienen am 01.10.2007
Auch erhältlich als:
Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442736874
Sprache: Deutsch
Umfang: 287 S.
Format (T/L/B): 2.1 x 18.6 x 11.8 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

„Eine Fabel, die an ein beunruhigendes altes Märchen erinnert.“ The Observer „Lessings neuer Roman ist das Beunruhigendste, ja Furchteinflößendste, was sie je geschrieben hat.“ The Independent „Ein beunruhigender Roman – einer nihilistischen Version von der ‚Herr der Ringe’ gleich.“ Financial Times

Autorenportrait

Doris Lessing, 1919 im heutigen Iran geboren und auf einer Farm in Südrhodesien (Simbabwe) aufgewachsen, lebt seit 1949 in England. 1950 veröffentlichte sie dort ihren ersten Roman und kam 1953 mit "Eine afrikanische Tragödie" zu Weltruhm. In Deutschland

Leseprobe

Die kleinste Bewegung, zu welcher Seite auch immer, nur eine Handbreit - und Dann würde fallen. Er lag ausgestreckt da wie ein Taucher und krallte sich an einer hervorstehenden, zerbröckelnden schwarzen Felsnase fest, der Spitze eines Vorsprungs, an dessen Unterseite Wind und Wasser Teile weggerissen hatten, sodass er aus der Ferne wie ein dunkler Finger aussah, auf den Wasserfall gerichtet, der über eine schwarze Felskante stürzte und sich darunter in Nebelschleier und wirbelnde, verwehte Gischt auflöste, die Dann hypnotisierte: Klippen unter tosendem Weiß. Der Lärm machte ihn taub, und Dann bildete sich ein, Stimmen zu hören, die ihm aus dem Tosen etwas zuriefen, obwohl er wusste, dass es die Schreie der Seevögel waren. In seinem Blickfeld gab es nichts als weiße Schleier aus stürzendem Wasser, doch wenn er den Kopf von den Armen hob und geradeaus sah, hingen niedrige Wolken aus Schnee und Eis in der Ferne, jenseits des Golfs, über dem er schwebte. Weiß, weiß auf weißem Grund, und Dann atmete frische Seeluft, die den dumpfen, modrigen Geruch des Zentrums aus seinen Lungen fegte. Nur wenn er das Zentrum und seine sumpfige Umgebung verließ, wurde ihm klar, wie sehr er diesen Geruch verabscheute, wie auch den Anblick des sumpfigen Landes, nichts als Grau und tristes Grün und fahl schimmerndes Wasser. Er kam an diesen Ort, weil die Luft dort frisch und belebend war und weil ihm das Wirbeln des Wassers neue Kräfte gab. Schwarz und Weiß, und über ihm das kalte Blau des Himmels. Und wenn er bis zur äußersten Spitze der Felszunge kroch, die Arme auf beiden Seiten herabhängen ließ und nach unten blickte, sah er in der Tiefe glitzerndes, wogendes Wasser, vom Himmel blau gefärbt. Die Felsspitze konnte zerbröckeln und abstürzen, und er mit ihr: Dieser Gedanke wirkte berauschend auf ihn. Jenes Wasser, das sich über die Felsen ergoss, er kannte es - am Tag zuvor hatte er noch im Meer gebadet. Es war kalt und besaß einen hohen Salzgehalt, und jenes Meer dort unten war ebenfalls kalt und salzig, aber weniger konzentriert, denn auch an dem mit Schnee und Eis bedeckten Ufer, das jenseits der Fälle aus Meerwasser begann, strömte an vielen Stellen Wasser hinein. Dort unten gab es nur Brackwasser - trotzdem konnte Dann beobachten, dass Seevögel über die Wellen zu der felsigen Barriere flogen und hinab zu jenem anderen Meer glitten, zu dem Meer in der Tiefe dort unten, also war es für sie offenbar auch ein Meer. Er hatte sich gefragt, wie Fische aus dem gefährlichen, salzigen Ozean in jenes andere, tiefer gelegene Meer gelangten, denn er ging davon aus, dass kein Fisch, der von den Wellen zum Rand des Ozeans und zu den Felsen getragen und schließlich von den weißen Kaskaden mitgerissen wurde, einen so langen, atemlosen, wirbelnden Sturz überleben konnte. Doch ob sie das schafften oder nicht - Fische gelangten auch auf andere Weise in das tiefer gelegene Meer: Die stürzenden Wassermassen versprühten Unmengen von Schaum, der Klumpen bildete, die um vieles größer waren als Dann. Und in diesen Klumpen befanden sich Fische. Zusätzlich zum Brausen des Wassers war nun ein lautes Krachen zu hören: Dann wusste, was das war. Ein Gesteinsbrocken hatte sich vom felsigen Kamm gelöst und stürzte nun, hinter den weißen Nebeln verborgen, in die Tiefe, prallte an versteckten Vorsprüngen ab und würde schließlich tief unten landen, wo er nicht mehr zu sehen war, in den Wassern vor dem Ufer des Mittleren Meeres. Dann wusste: Dieser Abgrund war einmal ein Meer gewesen, dieser Kessel, der so riesig war, dass er geradezu unendlich wirkte. Er hatte das auf den alten Karten und Globen in Chelops gesehen. Auf der Farm hatte er sogar nachzubauen versucht, was er noch in Erinnerung hatte, einen Globus, auf dem das Mittlere Meer zu sehen gewesen war, darunter Ifrik und darüber die Eismassen von Yerrup, eine weiße Fläche mit einem blauen Rand ganz oben. Er hatte das weiße Leder einer Ziege über ein Gestell aus Zweigen gespannt. Das Gebilde war unregelmäßig, und doch hat Leseprobe

Schlagzeile

Literaturnobelpreisträgerin 2007

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